Talentschuppen

Praxis für     Begabtenförderung

Hochsensibilität

Jeder Mensch nimmt Informationen aus seiner Umwelt auf und verarbeitet sie. Bei fast allen Menschen wird ein Großteil der Informationen jedoch aus der Wahrnehmung herausgefiltert.

Wir merken dies zum Beispiel, wenn wir uns an ein Geräusch gewöhnt haben: Wer an einer Straße wohnt, deren Lärm hörbar ist, aber nicht besonders belästigt, wird diese Geräusche nach einer gewissen Zeit nicht mehr wahrnehmen, obgleich sie objektiv nach wie vor vorhanden und hörbar sind.
Dieser Filter ist bei hochsensiblen Menschen aufgrund neurologischer Besonderheiten weniger stark ausgeprägt als bei nichthochsensiblen Menschen. Hochsensible nehmen viel mehr Informationen auf, sowohl von ihrer Umwelt als auch von sich selbst. Sie nehmen feine Einzelheiten in einem größeren Spektrum wahr: Lärm erscheint lauter, Schaufenster bunter und voller, Licht greller, die Stimmungen anderer Menschen intensiver. Auch nehmen hochsensible Personen (HSP) auch mehr Details wahr, erkennen Probleme oder Zusammenhänge schneller, sind oft perfektionistisch und gerechtigkeitsliebend

Hochsensibilität ist keine Krankheit und auch keine Störung! Durch die intensivere Wahrnehmung belastender Situationen neigen HSP jedoch bei ungünstigen Lebensbedingungen, vor allem im Kindesalter, schneller zu psychischen Irritationen oder Störungen.

Die wissenschaftliche Forschung steht in diesem Gebiet noch am Anfang:

Dr. Elaine N. Aron, USA, Psychotherapeutin und Universitätsprofessorin, gilt als die Pionierin im Gebiet der Hochsensibilität, indem sie das - schon vor Jahren beschriebene Phänomen wissenschaftlich zu erforschen und aufzuarbeiten begann.

Als wissenschaftlichen Ausdruck benutzt Aron den Ausdruck "Sensory-Processing Sensitivity (S.P.S.)", welcher auf eine "besondere Konstitution der Reize verarbeitenden neuronalen Systeme" hinweist

Sowohl Elaine Aron wie auch Teams an anderen Universitäten belegen bereits durch neurologische Untersuchungen, dass diverse Gehirnregionen von HSP stärker auf äußere Reize reagieren als diejenigen des nicht hochsensiblen Durchschnitts. Ein Beispiel: Probanden wurden während einer Magnetresonanztomographie (MRT/MRI) optischen Vergleichstests unterzogen: Dabei wiesen die hochsensiblen Probanden gegenüber den nicht hochsensiblen schon bei geringen Veränderungen eine signifikant höhere Aktivierung von Hirnregionen für optische Verarbeitung höherer Ordnung auf, ebenso wurde das rechte Kleinhirn stärker stimuliert.
Was genau Hochsensible allerdings im Einzelfall intensiver wahrnehmen, ist unterschiedlich, auch weil sich die Wahrnehmung auf das Innere und das Äußere erstreckt. Manche HSP (= Highly Sensitive Person) nehmen z. B. Gerüche, optische und akustische Eindrücke intensiver oder facettenreicher wahr, andere bemerken beispielsweise feine Nuancen in zwischenmenschlichen Beziehungen, können manchmal gar fühlen, ob eine Person lügt.

Weil Wahrnehmung anstrengend ist, haben Menschen nur begrenzte Aufnahmekapazitäten. Aus diesem Grund gibt es Pausen zwischen den Schulstunden, werden Theaterstücke nicht gerne ohne Unterbrechung gespielt und bei Spielfilmen mit Überlänge Pausen eingelegt.

Breiten Raum im Bewusstsein von Hochsensiblen nimmt die Reflexion ein, sowohl über die äußere Welt als auch über sich selbst.

Hier liegen auch häufig die Parallelen von hochbegabten und hochsensiblen Menschen, in diesem Sinne sind Hochsensible als emotional hochbegabt zu betrachten in den Bereichen intra- und interpersonale Intelligenz.

Hochbegabung und Hochsensibilität in Kombination stellen Menschen häufig vor große Herausforderungen, da es äußerst schwierig sein kann, die Fülle an Informationen zu kanalisieren und emotional zu verarbeiten.

Grenzen ziehen zu lernen ist dann besonders wichtig.

Für hochsensible Kinder ist die Aufgabe der Grenzsetzung jedoch schwer zu bewältigen, da sie in der Regel von der Achtsamkeit und dem mitmenschlichen Verständnis der Erwachsenen in ihrer Umgebung abhängig sind.

Interpretieren diese die Grenzsignale des Kindes nicht richtig bzw. übergehen sie schlichtweg, ergibt sich für das Kind ein innerer Druck. Die Reize im System werden zu viel, es bräuchte mehr Zeit und Ruhe, um sie zu verarbeiten. Die bekommt das Kind jedoch nicht, also erhöht sich der Druck weiter.

Als Anpassungsmechanismus bleiben dem Kind häufig nur 2 Möglichkeiten:

Innerer Rückzug oder Hyperaktivität…

In Amerika sind mittlerweile auf der Basis des erforschten Wissens um Hochsensibilität ein Großteil der AD(H)S-Diagnosen revidiert worden...

 Die Grenzen zwischen Hochbegabung, Hochsensibilität und ADS/ADHS sind fließend.

Dennoch ist es für die weitere Förderung wichtig, diese Phänomene diagnostisch korrekt zu erfassen und voneinander abzugrenzen.